Andrea Damp
„Call of the Void“
30. April – 28. Juni 2025
Vernissage: 29. April, 17 – 20 Uhr
Öffnungszeiten Gallery Weekend Berlin:
30. April: 12 – 19 Uhr
1. Mai: 12 – 20 Uhr
2. Mai: 12 – 19 Uhr
3. Mai: 11 – 19 Uhr
4. Mai: 12 – 18 Uhr
In der neuen Ausstellung entfaltet Andrea Damp ein beeindruckendes Spannungsfeld zwischen freier, malerischer Geste und präziser erzählerischer Setzung. Ihre Arbeiten sind nicht nur Ausdruck technischer Meisterschaft, sondern auch vielschichtiger Reflexion über Weltbilder und deren brüchige Narrative.
Damp, geboren 1977 auf der Insel Rügen, verbindet in ihrer Malerei biografische Tiefe mit maltechnischer Komplexität. Die früh erweckte Liebe zur Kunst – geprägt durch einen Dorfschullehrer und einen Berliner Akademiekünstler – traf später an der Universität der Künste Berlin auf die Strenge des kritischen Realismus und die gestische Freiheit der abstrakten Malerei. Dieser doppelte Ursprung ist in jedem ihrer Werke spürbar: so auch in dem Gemälde „Night Circus“, wo sich atmosphärische Dichte, symbolische Verdichtung und malerische Offenheit zu einem visuell überwältigenden Kosmos verflechten.
Das Bild zeigt auf den ersten Blick ein fast träumerisches Szenario: großflächige Blätter von Monsterapflanzen umrahmen eine nächtlich-galaktische Szenerie, durchzogen von geometrischen Körpern – Dodekaedern, Polyedern, Farbflächen –, die wie aus einem imaginären Baukasten gefallen wirken. Doch im Zentrum der Komposition sitzen drei ältere Männer, vertieft in ein Spiel. Was zunächst klein und harmlos wirkt, eröffnet bei genauerem Hinsehen weiter Möglichkeiten sozialer Interpretation: Ihre Körperhaltung, ihre Versunkenheit, ihre Isoliertheit legen eine Lesart nahe, in der das Spiel zur Metapher wird – für Macht, Kontrolle und Weltordnung.
Der Kontrast zwischen der schwebenden Leichtigkeit der Farbnebel, den kindlich anmutenden geometrischen Symbolen und der metaphorischen Schwere der Szene ist frappierend. Hier zeigt sich Damps Stärke: Sie legt keine eindeutige Lesart nahe, sondern öffnet Bildräume, in denen die Betrachter selbst Bedeutung und Haltung entwickeln können. Das Werk „Night Circus“ ist zugleich malerische Utopie und kritischer Spiegel.
Damps Arbeitsweise – das schichtweise Auftragen, das Prüfen, Verwerfen, Überarbeiten – zeigt sich auch in der komplexen Oberflächenstruktur des Werks. Jede Form, jede Farbe scheint geprüft und gesetzt, jede Überlagerung Teil eines langsamen Findungsprozesses. Andrea Damps Werke sind eine kraftvolle, poetische Reflexion über Verantwortung, Systemlogik und die fragile Balance zwischen Ordnung und Chaos.
Ein wichtiger Teil der Ausstellung sind außerdem einige kleinformatige Bilder, eingefasst in antike, über Jahre hinweg auf Floh- und Trödelmärkten gefundenen Rahmen. Kein Exemplar wurde zufällig gewählt; jeder Rahmen trägt Spuren seines Vorlebens und bringt eine eigene narrative Schicht mit sich. Die Künstlerin hat sich entschieden, diese Rahmen nicht zu restaurieren. Risse im Gold, abgegriffene Ornamente, Staub in den Ecken – das alles bleibt sichtbar und wird zum integralen Bestandteil der Arbeiten.
Die Gemälde selbst stehen in einem spannungsvollen Dialog zu ihren Hüllen. Sie wirken wie Erinnerungsfragmente, die in einer Art visuellen Cloud schweben: eine analoge Metapher für das Speichern, Sammeln, Schichten. Dabei bedeutet „Call of the Void“ den Ruf aus der Leere, der durch all diese Spuren hindurch hörbar wird.
Was Andrea Damps Werk so eindrucksvoll macht, ist die Fähigkeit, Gegensätze nicht zu glätten, sondern fruchtbar zu machen: zwischen autobiografischer Spur und gesellschaftlicher Reflexion, zwischen malerischer Intuition und formaler Präzision, zwischen Monumentalität und Intimität. Ob in großformatigen Bildkosmen oder in den darin integrierten Miniaturen: Stets geht es um das Sichtbarmachen von Brüchen – und um die Möglichkeit, im Offenen zu denken.