ODE ON MELANCHOLY Per Adolfsen, Tom Anholt, Marcy Brafman, Marco Reichert
10. Dezember 2011- 28. Januar 2012
Pressetext:
In ihrer Ausstellung mit dem Titel „Ode On Melancholy“ zeigt die janinebeangallery – nicht unpassend zur dunklen Jahreszeit – Werke der Künstler Per Adolfsen, Marcy Brafman, Marco Reichert und Tom Anholt. So gegensinnig das Oxymoron des Titels, so polarisierend die Werke: Innere Schwermut, ominöse Objekte und verschobene Perspektiven in den gezeigten Arbeiten können zu Charakteristika der Melancholie gezählt werden. Dennoch stehen diesen Elementen unter anderem kräftige Farben und Lichter zur Seite. Kontraststarke Eindrücke dürfen also erwartet werden.
ANNA BOROWY „Hinter den Spiegeln“
22. Oktober 2010 – 3. Dezember 2011
„Hinter den Spiegeln“ nennt Anna Borowy ihre neue Serie von Bildern und nicht ohne Grund werden wir an die Erlebnisse von Lewis Carrolls Heldin Alice erinnert. Auch die Bilder Anna Borowys versetzen uns in eine phantastische Welt skurriler Geschöpfe und eigenartiger Szenerien.
Wie die natur-ornamentalen oder schemenhaften Hintergründe wurden auch die Figuren im Vordergrund mit dichten, leuchtkräftigen Farben ausgestattet. Dabei sind viel- bzw. fremdfarbige Texturen entstanden, die im Detail scheinbar unmöglich mit dem bezeichneten Objekt in Verbindung gebracht werden können, als gesamte Struktur aber einen durchaus klaren, wenngleich neuartigen Zusammenhang erzeugen. Eine Darstellung eines veritablen Bären zum Beispiel funktioniert mit einem erstaunlich bunten Fell, das auf den zweiten Blick zu großen Teilen aus Farben wie rosa, gelb und blau zusammengesetzt wurde. Überraschend bei solchen Betrachtungen von Anna Borowys Werken ist die eigene Wahrnehmung, die sich nicht angesichts der deutlich ungetreuen Farbwahl über den Grund des Mangels an Konformität wundert, sondern die Objekte sofort und intuitiv in einer besonderen und stimmigen Ordnung findet.
Ein sich wiederholendes inhaltliches Schema ist die Gruppierung von Tieren zu den zentralen menschlichen Figuren. Diese Tiere interagieren nicht nur mit den Protagonisten, sondern scheinen mit ihnen zu kommunizieren bis hin zu sehr menschlichen Zügen und Eigenarten. Die tierischen Wesen wirken von der Magie quasi orphischer Gestalten, ihren Bild gewordenen Klängen gebannt und verwandelt. Außerdem weisen die Kreaturen selbst derart menschliche Mimiken auf, dass sie verkörperten Totems oder verzauberten Märchentieren gleichen. Bei oben erwähntem Bären etwa gipfelt diese Eigenschaft in seinen zweifelsfrei blauen menschlichen Augen.
Für einen besonderen Spannungsaufbau sorgen die zumeist mädchenhaften Protagonistinnen in unmittelbarer Nähe auf sie bezogener Raubtiere. Entgegen ihrer Natur jedoch stellen diese Prädatoren für ihre zarten Gegenüber nicht nur keine Gefahr dar, sondern wirken zahm und hingebungsvoll. Erstaunlicherweise scheinen diese wilden Geschöpfe in ihrer (einseitigen) Hinwendung sogar verletzlicher als das Objekt ihrer Zuneigung.
Tanja Selzer „Keine Tränen für die Kreaturen der Nacht“
Einzelausstellung in der janinebeangallery vom 3. September – 8. Oktober 2011
Pressetext:
Die Bilder der neuen Serie „Keine Tränen für die Kreaturen der Nacht“ von Tanja Selzer fallen technisch auf durch intensive hell-dunkle Kontraste. Die Farben die – abgesehen von den schwarz-weiß gehaltenen Bildern – hinzugefügt wurden, haben ihren Schwerpunkt im violetten, bzw. purpurnen Spektrum. Trotzdem wirken diese Bildbereiche nicht monochrom, sondern verblüffen eher durch die Vielfalt an Nuancen, die die Künstlerin durch Farbverläufe der Ölfarben erzeugt.
Der Titel der Serie deutet ihre inhaltliche Ausrichtung an: Vorwiegendes Motiv sind (Raub-)Tiere, die für den Menschen zwar eine potentielle Gefahr darstellen, aber auch als vom Aussterben gefährdet gelten und von Tanja Selzer gleichzeitig wild und verletzlich abgebildet werden.
Gelockt vom optischen Reiz und der Leuchtkraft der Bilder, kann sich der Betrachter infolge unversehens mit thematischen Möglichkeiten konfrontiert sehen, die nur wenig mittelbarer erhebliche Zweifel hervorrufen und zu neuen Interpretationen zwingen. Was beispielsweise den „Stier“ so prächtig erleuchtet, sind seine brennenden Hörner; sein bedrohlich dynamischer Ausdruck zeugt also womöglich nicht bloß von Aggressivität, sondern auch von Qual.
Ähnlich bivalent werden auch Menschen inszeniert, deren Ausdruck und Umfeld ebenso attraktiv glänzen wie sie dramatische Konnotationen beinhalten. Damit korrelieren in Tanja Selzers Werken die grellen Licht-Schatten-Partien mit dem Verhältnis von Leichtigkeit und tiefgründiger Semantik.
Donata Benker „zwischen hier und gleich“
Donata Benkers Bilder zeigen Konstellationen von Natur und Technik, diese vorrangig in Form von Architektur. Auffallend ist trotz ihrer Zeugnisse, die noch dazu einen gerade erst benutzten Eindruck machen, die Abwesenheit von Menschen. Ebenso sind der dargestellten Natur keine Tiere beigefügt.
Kontraststark gehen dunkle Bildpartien in helle über, wobei letztere meistens sogar deutlich überbelichtet wirken. Zu der Strahlkraft der Bilder tragen aber auch unübersehbar die leuchtend satten Farben bei.
Die Verschränkung von Natur und Zivilisation ist sowohl im bloßen inhaltlichen Arrangement als auch bildlich surrealistisch umgesetzt. So wird zum Beispiel eine Rolltreppe in eine waldartige Umgebung versetzt oder Gebäude scheinen ver- und durchwachsen mit der umgebenden Flora. Aber es sind auch gewohntere Motive zu sehen, wie ein Haus oder Auto am Waldrand und wenngleich sich hier die Gegensätze nicht regelrecht durchdringen, muten sie doch komplementär verbunden an.
Anscheinend sind die inhaltlichen Elemente, die Donata Benkers Bilder bestimmen, offen und zugänglich, jedenfalls wird der Blick des Betrachters mit spürbarer Leichtigkeit in die Szenerien aufgenommen. Dabei sind die anziehenden farblichen Eindrücke von der Art und Intensität eines Naturschauspiels sicherlich förderlich. Irritation verursacht jedoch die allgemeine Menschenleere angesichts der ganz offensichtlich erst kürzlich hinterlassenen Gebäude und Utensilien.
Durch die irgendwie vollzogene Extraktion jeglicher Protagonisten wirken die Szenerien seltsam in Schwebe und zeitlos. In Ermangelung eines Plots und somit quasi auf ein schieres Bühnenbild reduziert, entstehen visuelle Ambivalenz und eine inhaltliche Geladenheit hinsichtlich dem möglichen vorherigen und nachherigen Geschehen. In diesem Interim vermitteln die Orte Donata Benkers ein allgemeines Innehalten, rufen gleichzeitig beim Betrachter Assoziationen zur Handlung hervor oder sie werden in ihrem Wesen als Leere und reines Spannungsfeld erkannt.
Diese also auch geistigen Räume unterscheiden sich von der klassischen Landschaftsmalerei und deren verklärter „Bildwerdung einer Innenwelt“, weil sie ebenso als die autonomen Gestalten einer „Außenwelt“ – ohne dräuende seelische Einblendung – wahrgenommen werden können. Dieser Ausgewogenheit entspricht die Verbindung von Natur und von Menschen erschaffenen Dingen in Donata Benkers Bildern. Weder ist es Technik, die Natur vergewaltigt, noch Natur, die die Welt postapokalyptisch zurückerobert und verschlingt. Die teilweise durchsichtigen Formen von Zivilisation und Pflanzenwelt in Benkers Bildern scheinen sich vielmehr versöhnlich zu kombinieren. Wie lumineszente Zeugnisse dieser Fusionen wirken die überlichteten Übergangsbereiche. Dem Betrachter wird hier mithin der Durchblick auf die gemeinsame zugrunde liegende Matrix nahegelegt.
Marco Reichert „OBJECTS IN THE MIRROR ARE CLOSER THAN THEY APPEAR“
26. März – 23.April 2011
Das malerische Werk von Marco Reichert verarbeitet motivisch den Bildkosmos der lauten und schnellen Konsumgesellschaft. Dabei werden die eindeutigen Inhalte und zielgerichteten Visualisierung der Massenmedien in eine andere Sprache übersetzt, verschleiert und aufgehoben. Sie weichen einer neuen Bildwelt, die ihre „Protagonisten“ in Struktur und Textur einfängt und manchmal auch ertrinken lässt.
Der neue farbenfrohe Bildraum der „Jelly Series“, welche den Kern der Ausstellung „Objects in the mirror are closer than they appear“ darstellt, verbindet die in Reicherts Gesamtwerk vorherrschenden Themen der alltäglichen Bilderflut mit persönlichen Erinnerungen.
Die Motive werden ihren gewohnten Zusammenhängen entrissen und verschmelzen mit ihrer neuen Umgebung zu einer Bildwelt, die von Farbe und Licht dominiert wird, sich in glänzenden Oberflächen spiegelt, auflöst und neu formiert. Der Betrachter findet sich in dieser Welt wieder, die, wie der Titel der Ausstellung sagt, näher ist, als sie scheint.
Anna Borowy „Sicht und Schein“
27. November 2010 bis 22. Januar 2011
Anna Borowys Motive sind vorwiegend menschliche Typen und Momente, porträtartig dargestellt, die konzentriert von einem Geschehen zeugen. Die reduzierte Verwendung von Konturen und Flächen verbindet die Figuren mit den Hintergründen sowie diaphanen Begleitbildern von Tieren. Die offenkundige Jugend und die Anmut der Porträtierten werden verzerrt durch brüchige Strukturen und sinistere Züge, bzw. Mimik.
Technisch auffallend ist der leichte, silhouettenartige Auftrag von Farbe. Obwohl „aquarellig“ wirkend kommen doch Ölfarben zur Anwendung, deren spezielle Konsistenz jedoch das Vermischen mit Wasser zulassen. Die Grundierung der Bilder wird nicht restlos ausgemalt, sondern fungiert als durchgängiger heller Hintergrund, auf dem die Farben sorgfältig angeordnet werden. Dadurch erscheinen die Gestalten der Bilder mitunter überbelichtet, was mit der Überschneidung mehrerer durchsichtiger Bildelemente korrespondiert. Weil eine solche An- oder „Durchsicht“ normalerweise nur durch den Wechsel der Perspektive des Betrachters vor einem plastischen Objekt erfolgen kann, ist der Effekt auf Anna Borowys Bildern folglich eine besondere Dynamik. So realisieren ihre Werke ungewöhnlich für den Betrachter nicht nur eine räumliche, sondern auch eine zeitliche Perspektive.