Till Franzen

Till Franzen im Salon der janinebeangallery

12. September – 16. November 2024

Vernissage am 12. September, 18 – 21 Uhr

Zur Ausstellung erscheint im finebooks Verlag ein ausführlicher Katalog.

„Till Franzen fängt in seinen Bildkompositionen andersweltliche Resonanzen ein“

Dirk von Lowtzow

 

-Completely Sui Generis- von Martin Simons

Till Franzen ist bislang vor allem für seine Filme bekannt. Schon seine frühen Arbeiten als Regisseur mit so durch und durch sympathischen Titeln wie „My Northern Western“, „The Haunted Chicken“ oder „Die große Operation“ zeigen eine bei einem so jungen Menschen überraschende Eigenheit. Viel davon mag mit seiner Herkunft von der norddeutschen Küste zu erklären sein, mit
der Weite der Landschaft dort, des Himmels und der Nähe zum Meer. Die Grenznähe scheint eine ganz eigene Art von Fantasie zu stimulieren.
Diese frühen Arbeiten sind experimentelle, wilde Super-8-Werke, in denen bereits der Versuch unternommen wird, Genregrenzen auszudehnen, ja sogar passagenweise die Grenzen der Narration überhaupt. Sie muten bisweilen wie dadaistische Fieberträume an, eine passionierte Kultivierung des Nonsense. Dreckig. Bunt. Roh.
Später wählt Franzen einen filmischen Ausdruck, der sich auf das Einfache konzentriert, damit er vom Schwierigen erzählen kann. Knapp und konzentriert ist das alles, um in der Lakonie eine ganz eigene Poesie zu entfalten.
Diese Herangehensweise bestimmt jedenfalls die Arbeit an seinem ersten abendfüllenden Kinofilm „Die Blaue Grenze“. Es ist ein Kino, das nicht mit groben Pinselstrichen die Leinwand ausmalt, sondern mit feiner Linienführung das Wesentliche skizziert. Die Bilder flirren (so ein Kritiker) von einer „ätherischen Romantik“, die Geschichte ist ein wenig märchenhaft, stellenweise der Logik der Träume näher als der schnöden Realität. Aber gerade darin kündigt sich ein Prinzip an, das auch Franzens malerische Arbeiten prägt, die nun zum ersten Mal öffentlich ausgestellt werden.
Als einen initiierenden Einfluss nennt Franzen gern den britischen Regisseur Nicolas Roeg, der verstörende und gleichzeitig betörend schöne Filme wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973), „Der Mann der vom Himmel fiel“ (1976) und „Eureka“ (1983) geschaffen hat. Roeg hat eine sehr eigene, assoziative Schnitttechnik kultiviert, die auch Einfluss auf Franzens Malerei hat. Man sieht das vor allem, wenn man bei den digital gemalten Bildern sich den Malprozess vorspielen lässt. Die unzähligen Layer der Bilder kommunizieren wie geschnittene Szenen. Die filmische Herangehensweise ist also immer noch da.
Wohl deshalb schlummert in diesen Bildern das Eigentliche immer jenseits der Grenzen. Das, was am Ende Gestalt annimmt, verweist immer auch auf etwas, das im Unbewussten zu verorten ist und – wie es scheint – seine Existenz nicht persönlicher Erfahrung verdankt, sondern den Formen, Farben, Sehnsüchten, Lüsten und Ängsten, die uns allen gemeinsam sind. Man kann es – mit nur ein wenig Übertreibung – die Welt der Archetypen nennen.
Dabei kennen diese Bilder kein Pathos. Sie vermeiden entschieden jede gezierte Bedeutungshascherei. Franzens Arbeiten haben eine spielerische Tiefe, die organisch und nie zielgerichtet zu entstehen scheint. All das befördert eine Lust der malerischen Kommunikation – und ermöglicht in ihren besten Momenten eine energetische, durchaus auch sexuell aufgeladene Begegnung im abstrakten Unraum. Es ist eine malerische Gestik der unbekümmerten Beiläufigkeit, bestimmt durch eine Lust am situativen Erzählen, die dem Unbewussten, auch glücklich Zufälligen den maximalen Raum gibt. Franzens Herangehensweise ist ein meditatives
Los- und Fallenlassen.
So entstehen Arbeiten, die von warmen, heiteren, verspielt erotischen, manchmal eher hellen, manchmal eher dunklen Energien vibrieren. Sie sind Ausdruck einer großen Unbekümmertheit, frei von der Last zu großer Vorbilder (obgleich man den Einfluss der malerischen Arbeiten von David Lynch auf eine unverkrampfte, nie anmaßende Weise zu spüren meint). Hier drückt sich eine freie Persönlichkeit in ihrem ganzen unbewussten und halbbewussten Daseinstaumel in einem Farben- und Formenrausch aus. Es sind Bilder, die sich jeder Gattungsbezeichnung oder Zugehörigkeit zu einer Stilistik zu entziehen scheinen – completely sui generis.

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