Orion Shima

Orion Shimas gegenwärtige Malerei ist das Ergebnis einer langen Entwicklung. Seit fast zwei Jahrzehnten scheint Shima einen inneren Vorgang zum Anliegen zu haben, dessen malerische Gegenstände sich fortwährend bewegen und wieder zusammensetzen, um eine inhaltliche Filterung höchster Klarheit zu erreichen. Dafür erkundete Shima in seiner Frühzeit als Künstler die Abstrakte Malerei und zeigte Interesse an der Technik des Haute Pâte. Diese Erfahrungen flossen in seine Malerei ein und bilden zusammen mit seiner akademischen Ausbildung während seiner Zeit an der Kunsthochschule die Voraussetzungen und inspirierende Grundlage seines Schaffens – eine figürliche Malerei, die sich im Wesentlichen unabhängig von der objektiven Realität zeigt. So nutzt Shima figürliche Darstellungen als einen initialen Impetus oder Vorwand, um persönliche Zeichen zu setzen, durch die er eine individuell wahrgenommene Welt aufbaut, deren Stimmung sich durch gemalte Szenen und Charaktere entschlüsselt.
Shima arbeitet meistens schnell. Er trägt unmittelbar kaum gemischte Farben direkt auf die Leinwand auf, ohne den Umweg über die Palette. Er folgt einem vorbereitenden Entwurf oder einer Zeichnung, aber die Farben sind initiierend und bestimmend für die Form seiner Werke. Die Pinselstriche bilden den Rhythmus, den die Arbeiten benötigen, während der pastose Farbauftrag die erforderliche Intensität erzeugt. In der mehrfarbigen (manchmal monochromatischen) Spannung der auf der Leinwand entwickelten Szenerie stehen gemalte Objekte in Ungewissheit hervor. Die bildliche Geste, die leidenschaftlich in jedem Winkel der Oberfläche der Leinwand zum Ausdruck kommt, gibt den Gemälden eine fast materielle Wahrnehmbarkeit, die deren innere Atmosphäre aus Traum und Vorstellung bekräftigt. Die Motive dazu liefern keine Bildvorlagen sondern ausschließlich Shimas Gedächtnis, insbesondere Bezüge zu seiner Kindheit und Jugend.
Verstärkt wird der sehr individuelle Stil Orion Shimas durch die Wahl seiner Motive. Natur, Vegetation, Menschen und Tiere sind die Elemente seiner Gemälde, gleich einer Bestätigung, dass Malerei eine Analogie alles Lebendigen sei.

Seine Protagonisten sind einsame Menschen, verloren und verwirrt, deren Züge sich mithin kaum zu erkennen geben. Sie artikulieren sich in Silhouetten und durch punktuelle aber präzise Merkmale, die immer auch das Alter Ego des Malers widerspiegeln.
Die Charaktere in Orion Shimas Gemälden referieren nicht nur allgemein die Malerei der Romantik, sondern zeigen sich außerdem als zeitgenössische romantische Individuen, die in einer abweisenden und fremden Welt Zuflucht und Trost in den Schatten der Natur finden, sich positionierend an den Rändern der Welt.

Alban Hajdinaj, 2021 (aus dem Englischen von Matthias Bergemann)